Hochbegabung
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Definitionen: Was ist Intelligenz und Hochbegabung?
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Jungen und Mädchen
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Schule
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Vorurteile
Was ist Intelligenz und Hochbegabung?
In der bestehenden Diskussion
werden die Begriffe "Intelligenz" und "Hochbegabung" häufig synonym
verwandt. Dabei ist eine hohe Intelligenz zwar Voraussetzung, aber keinesfalls
Garant für Hochbegabung.
Auch nach langer Tradition,
Intelligenz definieren und messen zu wollen, ist der Theoriestreit, was
unter Intelligenz zu verstehen ist und wie sie am besten gemessen werden
kann, noch lange nicht entschieden. Eine mögliche Definition lautet:
"Intelligenz ist die allgemeine Fähigkeit des Menschen, die Umwelt,
in der er lebt, zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden." (Tewes,
1989)
Hohe Intelligenz bedeutet,
dass die Intelligenz, die mit einem Intelligenztest "gemessen" wird, zwei
Standardabweichungen über dem Durchschnitt liegt.
Genau
wie "Intelligenz" ist auch "Hochbegabung" ein nicht direkt beobachtbares
Merkmal. Hochbegabung oder besondere Begabung kann in motorischen, sozialen,
künstlerischen, sportlichen oder hohen intellektuellen Fähigkeiten
zum Ausdruck kommen.
Mönks & Ypenburg
(1996) entwickelten ein Hochbegabungsmodell, in dem sie die Faktoren, die
Hochbegabung ausmachen, zueinander in Beziehung setzen. Intellektuelle
Hochbegabung umfasst demnach die drei Faktoren hohe intellektuelle Fähigkeiten,
Kreativität und Motivation. Diese drei Faktoren sind miteinander
verknüpft. Für eine gesunde Entwicklung des Kindes ist ein sozialer
Austausch mit der Familie, der Schule und dem Freundeskreis von
größter Bedeutung.
Die berühmt berüchtigten
Intelligenztests
sind dabei ledliglich ein Diagnosehilfsmittel. Tageszeit, Testperson
und selbst die Gestaltung der Räumlichkeit, in der ein Kind getestet
wird, können den normativen Testwert beeinflussen. Nur eine speziell
ausgebildete Fachkraft vermag diesen Spielraum richtig zu interpretieren.
Fördermaßnahmen pauschal an eine bestimmte Punktzahl zu knüpfen,
wäre pädagogisch wie therapeutisch unverantwortlich und stünde
im krassen Widerspruch zum Grundgedanken der Individualität eines
jeden Menschen.
Jungen und Mädchen
Das Verhältnis zwischen
Jungen und Mädchen, die unsere Beratungsstelle aufsuchen, ist mit
80 zu 20 % zugunsten der Jungen verschoben. Dies bedeutet jedoch keinesfalls,
das Jungen klüger seien. Diese Werte könnten aus Einstellungen
der Eltern resultieren, wonach eher bei den Söhnen das Vorliegen einer
überdurchschnittlichen Begabung vermutet wird als bei ihren Töchtern.
Und eine gute Bildung und Ausbildung wird häufig bei Jungen immer
noch für wichtiger erachtet als bei Mädchen. Jedenfalls müssen
Mädchen meistens "eindeutigere" Hinweise auf besondere Begabung zeigen,
damit sie von den Eltern in der Beratungsstelle vorgestellt werden. Eine
ähnliche Wahrnehmung und Beurteilungspraxis ist selbst in Schulen
zu beobachten. Sie melden Jungen eher an, weil sie häufiger durch
"Stören und Clownerie" auffallen, während Mädchen ihre Begabung
zumeist verstecken, um nicht aufzufallen. Dies könnte jedoch in späteren
Jahren - vor allem in der Pubertät - Verhaltensstörungen auslösen
(Magersucht wäre ein plakatives Beispiel).
Hochbegabung in der Schule
Eines der häufigsten
Vorurteile, mit denen hochbegabte Schüler die nötige Unterstützung
verweigert wird, lautet, dass diese Kinder eigentlich keine Probleme haben
dürften. Doch dies ist ein Trugschluss. Schätzungsweise ein Drittel
aller hochbegabten Kinder fallen während des Unterrichts lediglich
durch unterdurchschnittliche Leistungen auf. Die Gründe können
hierfür sind vielfältig und gelten natürlich nicht für
alle Betroffenen, doch generell lässt sich noch immer sagen, dass
das gegenwärtige Schulsystem mit seinem starren Stundenrhythmus und
oftmals unvermeintlichen Frontunterricht (bedingt durch schulrechtliche
Hindernisse gegenüber einer flexiblen Gestaltung und einer verantwortungslosen
Unterfinanzierung der Schulen) gegen die Lernmethoden der Kinder arbeitet.
Eine echte Hochbegabung macht sich bereits in frühen Jahren bemerkbar.
Ein klassisches Beispiel ist, dass ein Kind im Alter von drei Jahren ganze
Atlanten auswendig lernt oder sich mit der Geschichte der Dinosaurier befasst.
Dazu gehört ein großes Maß an Selbständigkeit. Doch
eben diese findet im Schulunterricht oftmals keinen Platz. Folge: Ein hochbegabtes
Kind muss sich dem Wissensstand seiner Mitschüler anpassen, kann seine
Interessen nicht wahrnehmen und verliert dadurch häufig die Lust am
Lernen.
Vorurteile
Wodurch ist es zu erklären,
dass es alleine hier in Münster gleich mehrere Förderschulen
für lernschwache Schüler gibt, aber in ganz Deutschland lediglich
zwei oder drei derartiger Einrichtungen für die gleiche Anzahl hochbegabter
Kinder? Ein Grund hierfür ist in den gängigen Vorurteilen zu
suchen, die jenen Kindern ein sorgenfreies Leben prophezeien. Hinzu kommt
die Angst vor einer intellektuellen Elite, die uns "normalen" Menschen
(wir Mitarbeiter von Esca Mentis sind nämlich auch nicht hochbegabt)
irgendwann bevorzugt wird. Doch es ist falsch zu glauben, dass hochbegabte
Menschen automatisch "besser" wären. Gerade in der Arbeitswelt sind
sie es nicht. Das Ergebnis einer Aufgabe unterscheidet sich in der Regel
nicht von dem eines normalen Arbeitnehmers. Lediglich der Lösungsweg
könnte eine völlig anderer sein. Und nicht selten zeichnet er
sich eher durch eine verblüffende Originalität als durch höhere
Effizienz aus. Doch wo wäre unsere Gesellschaft ohne eben jene Querdenker?!
Nun unterscheiden sich Kinder
durch solch unorthodoxe Denkweisen und einen intellektuellen Altersvorsprung
zuweilen derart deutlich von ihren Klassenkameraden, sodass unter Umständen
Probleme auftreten können, die einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen,
damit die Schulzeit nicht zur Tortour ausartet.
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