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Tierversuch Handy-Strahlung schützt Mäuse vor Gedächtnisverlust

Überraschung bei Tierversuch: Die Strahlung von Mobiltelefonen hat sowohl bei gesunden als auch bei genetisch veränderten Mäusen mit Alzheimer-Merkmalen die Gedächtnisleistung verbessert. Inwieweit die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist allerdings unklar.
Labormaus: Handy-Strahlung hatte positive Effekte auf die Tiere

Labormaus: Handy-Strahlung hatte positive Effekte auf die Tiere

Foto: ROBERT F. BUKATY/ AP

Die Angst vor elektromagnetischer Strahlung aus Mobiltelefonen ist weit verbreitet - obwohl Tausende Studien zum Thema keinen Zusammenhang zwischen Handy-Benutzung und Erkrankungen wie etwa Hirntumoren nachweisen konnten. Forschern ist noch nicht einmal klar, wie eine Wirkung der Handy-Strahlung überhaupt zustande kommen könnte. Gleiches gilt auch für die Ergebnisse eines neuen Tierversuchs - nur dass die Strahlung in diesem Fall nicht schädlich war, sondern schützte.

Mediziner um Gary Arendash der University of South Florida in Tampa hatten für ihr Experiment knapp hundert Mäuse benutzt. Die meisten davon waren sogenannte Modell-Mäuse für Alzheimer, also genetisch veränderte Tiere, in deren Gehirn sich die typischen Ablagerungen des Peptids Beta-Amyloid bilden. Dieses Peptid gilt als Kennzeichen der Krankheit, bei der nach und nach viele Nervenzellen in verschiedenen Regionen des Gehirns absterben. Man hat plaqueförmige Ablagerungen im Gehirn von Alzheimerkranken gefunden, allerdings auch in Gehirnen von gesunden Menschen. Es ist daher ungeklärt, ob es die Krankheit auslöst.

Die Mäuse saßen in Käfigen, die um eine Antenne gruppiert waren. Sie sandte eine für Mobiltelefone übliche elektromagnetische Strahlung mit einer Frequenz von 918 Megahertz aus - jeweils für zweimal eine Stunde täglich, sieben bis neun Monate lang. Die Dosis von 0,25 Watt pro Kilogramm habe jener entsprochen, die bei ans Ohr gehaltenem Handy auf das menschliche Gehirn einwirke, schreiben die Mediziner im Fachblatt "Journal of Alzheimer's Disease" .

Bei jungen, noch nicht erkrankten Tieren bildeten sich - anders als normalerweise - während des Versuchs keine Beta-Amyloid-Plaques im Gehirn, so die Forscher. Verhaltenstests hätten gezeigt, dass ihre kognitiven Fähigkeiten vollständig erhalten blieben. Zudem hätten ältere Tieren mit Alzheimer bei Leistungstests nach der mehrmonatigen Bestrahlung ebenso gut abschnitten wie völlig gesunde Mäuse. Im Hirn fanden sich demnach weniger Ablagerungen. Das war noch nicht alles: Setzten die Mediziner gesunde, genetisch nicht veränderte Mäuse den elektromagnetischen Wellen aus, schnitten diese anschließend besser bei den Gedächtnistests ab als zuvor.

Auch Forscher waren überrascht

"Ehrlich gesagt hatte ich diese Arbeit vor einigen Jahren mit der Hypothese begonnen, dass die elektromagnetischen Felder für die Alzheimer-Mäuse schädlich sein würden", sagte Arendash. Nach der ersten Beobachtung der schützenden Effekte habe er erwartet, dass sich die Ergebnisse bald ins Gegenteil verkehren würden. "Aber es wurde nie schlechter", sagte der Forscher. "Wir haben weiter die heilsamen Effekte sowohl bei den Alzheimer-Mäusen als auch bei den normalen Tieren bekommen."

Ob und inwieweit die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist derzeit noch unklar. Arendash und seine Kollegen gehen davon aus, dass dies zumindest zum Teil der Fall sein könnte. Allerdings müsse die Ursache der Effekte noch weiter erforscht werden. Nachgewiesen sei bisher nur, dass sich die Temperatur des Gehirns von Alzheimer-Mäusen im Versuchsverlauf leicht erhöhte. Der Temperaturanstieg unterstütze möglicherweise die Ablösung der schädlichen Ablagerungen, nehmen die Forscher an.

Die gestiegenen Hirnleistungen gesunder Tiere erklären die Mediziner damit, dass durch die Strahlung die Aktivität der Hirnzellen angeregt werde, der Blutfluss und der gesamte Energieumsatz seien höher. Die exakten Mechanismen seien aber noch unklar, geben die Forscher zu bedenken. Dass die möglichen positiven Effekte der Handy-Strahlung auf das Gedächtnis bislang verborgen blieben, könnte ihnen zufolge daran liegen, dass es noch keine Langzeitstudien dazu gegeben habe, heißt es in der Mitteilung der Universität.

mbe/dpa/AFP